Dass die DEAD KENNEDYS zu den wichtigsten amerikanischen Punkbands gehören, ist sicher auch Nicht-Punk-Fans ein Begriff. Ihr Einfluss ist gar nicht hoch genug zu bewerten und doch fehlt es bis heute an einordnender Literatur zu der Gruppe, die ohne ihren Sänger Jello Biafra seit Jahren wieder live spielt und ansonsten vor allem durch Rechtsstreitigkeiten auf sich aufmerksam gemacht hat. Dass nun wenigstens die Frühphase der Gruppe bis zur Veröffentlichung ihrer ersten LP „Fresh Fruit For Rotting Vegetables“ aufgearbeitet wurde, verdanken wir Autor Alex Ogg. Ursprünglich sollte er einen Booklettext zur Wiederveröffentlichung des Albums zum 25 jährigen Jubiläum schreiben und interviewte dazu die Bandmitglieder und zahlreiche Wegbegleiter, sammelte Bildmaterial und Zitate über die Band und scheiterte letztendlich an den Eitelkeiten und Feindseligkeiten der Bandmitglieder untereinander. Der Booklettext erschien nicht und irgendwann beschloss Ogg, das Material weiter auszuarbeiten und als Buch zu veröffentlichen, das 2014 in den USA und nun auch in Deutschland erschienen ist.
Mittels bekannter und unbekannter Quellen aus Interviews, Flyern, Fanzinebeiträgen und Gesprächen mit allen möglichen Beteiligten wie den Musikern, Studiobetreibern, Labelmachern und vielen mehr zeichnet Alex Ogg die Bandgeschichte sehr lebendig von den Anfängen über erste Auftritte, erste Plattenveröffentlichungen, Biafras Bürgermeisterkandidatur bis hin zu ersten Erfolgen und schließlich dem Debütalbum nach. Dabei wird auch die San Francisco-Punk Szene der späten 70er Jahre sehr atmosphärisch abgebildet. Da der Autor sich aus den Zwistigkeiten der verschiedenen Bandfraktionen heraushält und immer wieder auch auf Widersprüche hinweist, die die unterschiedlichen Aussagen beinhalten – man will nicht sagen, dass einer lügt, aber die Erinnerungen haben sich in den letzten 35 Jahren wohl unterschiedlich entwickelt -, kann man seine Dokumentation wohl als einigermaßen objektiv ansehen, zumal der Stil auch nicht aufgeregt oder sensationsheischend rüber kommt.
Aufgelockert wird der Text durch jede Menge tolles Bildmaterial wie Flyer, Fotos, Coverartworks und sogar Ausschnitte aus einem Comic über die DEAD KENNEDYS. Dazu gibt einen Haufen Zitate anderer Musiker über die Band, eine Timeline, die die wichtigsten Ereignisse der Bandgeschichte bis heute zusammenfasst und eine sehr grobe Diskografie, die aber ganz bewusst nur die eigentlichen Veröffentlichungen aufzeigen soll und nicht als Archiv für Sammler jeder unterschiedlichen Pressung dient. Dafür gibt es bessere Quellen online.
Nicht nur für DEAD KENNEDYS-Fans ist dieses Buch essentiell, sondern auch für Punk-Liebhaber im allgemeinen und Leuten, die an Musikgeschichte interessiert sind. Die flüssig zu lesende deutsche Übersetzung von Joachim Hiller (Ox-Fanzine) macht das Buch kurzweilig und lesenswert. Jetzt fehlt eigentlich nur noch die Fortsetzung über den Rest der Bandgeschichte. (A.P.)
|