Aus einem ultrageheimnen Geheimlabor werden zwei unheimlich geheime biologische Kampfstoffe gestohlen, von denen zumindest einer möglicherweise in der Lage ist, die Menschheit auszurotten, Um keine Panik in der Bevölkerung aufkommen zu lassen, wird der Vorfall geheim gehalten und Geheimagent Lee Barrett wird beauftragt, die Diebe aufzuspüren und die Katastrophe zu verhindern, denn eine Flasche des Bakteriums mit dem namen „Zellpest“ wartet in Los Angeles nur darauf, Millionen Menschen zu töten. Dass das funktioniert, hat ein Anschlag in Florida bereits bewiesen. Während versucht wird, Los Angeles zu evakuieren, stolpert Barrett auf seinen Nachforschungen über eine Reihe von Leichen...
Was in der Inhaltsangabe ein bisschen nach einer sehr reduzierten James Bond-Story voller Geheimnisse klingt, ist...genau das. Man kommt nicht umhin, bei „Geheimagent Barrett Greift Ein“ von Anfang bis Ende an den bekannten britischen Geheimagenten zu denken und das ist ja auch klar. In den 60er Jahren waren die 007-Filme riesige Erfolge - sind sie ja heute noch - und da wundert es wenig, dass Filmproduzenten in aller Welt an diesem Erfolg teilhaben wollten und eigene Agenten auf die Filmwelt losließen. Größtenteils mit überschaubaren Erfolg, da natürlich weniger Geld zur Verfügung stand und oftmals eher trashige - aber deswegen häufig nicht weniger unterhaltsame - Werke entstanden. Vor allem die italienischen Machwerke wurden später unter dem Genrebegriff „Eurospy“ zusammengefasst.
Regisseur John Sturges war ein versierter Film-Handwerker, der einige große Klassiker wie „40 Wagen Westwärts“, „Gesprengte Ketten“, „Die Glorreichen Sieben“ oder „Eisstation Zebra“ gedreht hat. Auch in kleineren Produktionen, oft im Western-Genre, aber auch im Piraten-/Abenteuer-Film bis hin zu Science Fiction hat er immer solide Arbeit abgeliefert.
Sicher erhofften die Produzenten sich, dass man aus „Geheimagent Barrett“ eine neue Filmserie machen könnte, aber dafür war der Erfolg dann wohl doch nicht groß genug. Dafür gab es Gründe. Natürlich war alles eine Nummer kleiner, als beim Bond-Vorbild. Gab es dort tolle Schauplätze auf der ganzen Welt, die vor allem das Jet Set-Leben der reichen und Schönen abbildeten, so ermittelte „Lee Barrett“ fast durchgehend in einer kargen Wüstenlandschaft, die zwar optisch auch was hermacht, aber eben wenig Abwechslung bot. Erst zum Ende hin verlagert sich die Handlung nach Los Angeles. Zudem ist die Jagd nach den Bösewichten relativ verwirrend, weil man lange nicht so richtig weiß, wer nun eigentlich der Gegner ist. Bei Bond gab es immer den klar benannten Super-Schurken, der weltmännisch und bedrohlich war, hier entwickelt sich die Handlung eher zu einem Detektivfilm statt zu einem nervenaufreibenden Schlagabtausch zwischen gleichwertigen Gegnern.
Bei den Darstellern fehlte es für den ganz großen Erfolg an echten Stars. Allesamt waren zwar über lange Jahre meist gut beschäftigt und liefern auch ordentliche Vorstellungen ab, aber so richtig bekannt wurde niemand, also eher TV-Gesichter und zweite Reihe, was gar nicht mal despektierlich gemeint ist. Solche Schauspieler sind das Fundament in Hollywood. George Maharis in der Titelrolle liefert dann auch eine ordentliche Leistung ab. Von der Optik her bietet er das, was man sich wünscht, die Charakterisierung bleibt allerdings an der Oberfläche, wie auch bei allen anderen Figuren. Aber machen wir uns nichts vor, auch bei den James Bond-Filmen gab es da vor allem in den 60er Jahren Schwächen...man darf Gert Fröbes „Goldfinger“ nicht als Standardfall ansehen, sondern als einsamen Högepunkt der Reihe, was natürlich vor allem an dem Darsteller selbst lag.
Was an „Geheimagent Barrett Greift Ein“ - ein deutscher Titel, der mal wieder viel weniger spektakulär daherkommt, als der Originaltitel „The Satan Bug“...man musste den deutschen Zuschauern wohl einmal mehr schon im Titel klar machen, was er zu erwarten hatte - auffällt ist, dass im Grunde jede Szene, jede Autofahrt, jedes Telefonat, jedes Gespräch und jede Ermittlung/Untersuchung einen Tick zu lang geraten ist. So kommt die für damalige Verhältnisse lange Laufzeit von 115 Minuten zustanden, was den Film unendlich langsam macht. Selbst den Actionszenen fehlt es dadurch an Tempo und hätte man überall nur minimal gestrafft, wäre eine weitaus fetzigere Laufzeit von 100 oder 105 Minuten rausgekommen. Das bedeutet aber nicht, dass der Film langweilig wäre - nur eben etwas zu lang. Unterhaltsam ist er allemal und bietet schon einiges an Schauwerten. So sind die Szenen über den Anschlag in Florida recht bedrückend und nehmen so manches vorweg, was der moderne Zombiefilm Jahre später auch gerne nutzte: mit Leichen - nicht lebenden Leichen, natürlich - übersähte, Straßen, Strände und Landschaften, die für einen ansonsten eher straighten, vom Tonfall her leichten Film recht düster sind und in der Mitte des Films wie ein Bruch wirken. Auch das Finale im Hubschrauber über Los Angels ist einigermaßen spektakulär geraten. Zudem muss die Geschichte um eine weltbedrohende biologische Waffe 1965 auf die Zuschauer noch einigermaßen angsteinflößend gewirkt haben.
Auf der Haben-Seite steht schließlich noch der souveräne Soundtrack von Jerry Goldsmith, der damals noch relativ am Anfang seiner unvergleichlichen Karriere stand. Aus den wenigen Schauplätzen holt die Kamera außerdem das Beste raus und liefert Bilder, die das breite Kinoformat zumindest ausnutzen, wenn schon keine aufwendigeren und abwechslungsreicheren Schauplätze möglich waren.
So ist „Geheimagent Barrett Greift Ein“ ein rundherum solider Agentenfilm, der bei den zahllosen James Bond-Epigonen der damaligen Zeit im oberen Drittel anzusiedeln ist, vor allem auch, weil hier handwerklich alles stimmt und man auf diverse Albernheiten, die die europäischen Filme oftmals boten, verzichtet. Eigentlich genau der richtige Film für einen verregneten Sonntagnachmittag.
Nachdem der Film bisher noch keine vernünftige deutsche Veröffentlichung bekommen hat und im Grunde nur ab und zu im Fernsehen (im falschen Bildformat) zu sehen war, spendiert Anolis Film ihm nun als Nummer 1 in der Reihe „Die 60er“ (neben den Reihen „Die 70er“ und „Die 80er“ , wo jeweils Genrefilme aus den entsprechenden Jahrzehnten veröffentlicht werden) zwei Mediabooks, die wohl lange Zeit die Referenzveröffentlichung sein werden. Die neue HD-Abtastung ist sehr gelungen und präsentiert den Film in kräftigen Farben und sehr guter Schärfe, ohne, dass mit vielen Filtern nachträglich rumgepfuscht wurde, der Filmlook bleibt zum Glück erhalten. Beeindruckend ist die Qualität vor allem, wenn man bedenkt, dass der Film über 50 Jahre alt ist. Der deutsche und englische Mono-Ton wurde auf die Frontspeaker gelegt, auf ein unnützes Aufblasen auf 5.1-Sound hat man glücklicherweise verzichtet. Deutschsprachige Untertitel sind selbstverständlich auch dabei.
Das Bonusmaterial ist ziemlich gelungen, vor allem, weil es ja teilweise extra angefertigt werden musste. Diverse Trailer und Radio Spots gibt es, die abweichende deutsche Titelsequenz, mehrere Bildergalerien und eine Filmografie zu Regisseur John Sturges. Zentral ist natürlich der deutschsprachige Audiokommentar von Filmwissenschaftler Dr. Marcus Stiglegger, der eine Menge interessante Hintergrundinfos zum Film, den Darstellern, dem Regisseur, dem Autor der Buchvorlage und dem Komponisten gibt. Die schön gestalteten Mediabooks enthalten zudem ein Booklet mit weiteren Anmerkungen von Mike Siegel und Bildmaterial. Statt dem Mediabook eine oft weitgehend sinnlose DVD mit dem gleichen Inhalt wie auf der Blu Ray beizulegen, geht Anolis andere Wege und bietet auf einer DVD eine alternative Filmfassung, hier als „Deutsche Grindhouse Kinofassung“ betitelt, wobei „Grindhouse“ hier hauptsächlich meint, dass die Bildqualität sehr durchwachsen ist. Dafür sind aber ein zauberhafter „Bitte nicht im Kino rauchen“-Trailer und diverse weitere uralte Filmtrailer der Fassung vorangestellt, so dass tatsächlich ein bisschen Kinofeeling aufkommt, wenn man den Film mit Beamer und großer Leinwand ansieht. Schon beeindruckend, was Anolis wieder einmal einem Film gegönnt hat, der im Grunde nur ein begrenztes Liebhaberpublikum anspricht - lobenswert. (A.P.)
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