(BMG Wort - 2000 – 7 CD Box – ISBN 3898301419 - Laufzeit: 350 min)
Ja tatsächlich: „Uff erstmal“. Was wir hier zu hören bekommen haben ist tatsächlich ein Novum. Alle Rollen (immerhin 45 Stück) eines WDR-Winnetou-Hörspiels aus den fünfziger Jahren in dem u.a. Hans-Jörg Felmy, der Tatort-Kommissar meiner Jugendjahre eine Hauptrolle spielte, wurden mit deutschen Comedy-Stars besetzt.
Jürgen von der Lippe und der WDR-Fernsehregisseur Klaus-Dieter Fröhlich erinnerten sich vor einigen Jahren an eben diese Rarität im WDR Archiv. Im September 2000 war es soweit und die Idee „Winnetou unter Comedy Geiern“ wurde in die Realität umgesetzt. Mit dem Manuskript in der Hand wurden die Comedians in ein Hörfunkstudio gesperrt, nicht ohne nochmals darauf hinzuweisen, dass sie eine Sechs-Stunden-Sendung abliefern müssten. Das Ganze wurde gefilmt und in der großen Winnetou-Nacht des WDR parallel im Hörfunk und im Fernsehen sechs Stunden lang gesendet. Jetzt ist das Ganze als Hörbuch erschienen – und es hat sich gelohnt!
Jürgen von der Lippe, Rüdiger Hoffmann, Herbert Knebel (Uwe Lyko), Mike Krüger, Bernd Stelter, Frank Zander, Bastian Pastewka, Dirk Bach, Hella von Sinnen sowie Till und Obel sind die Sprecher dieses Hörbuches. Besonders gut in den Hauptrollen sind Jürgen von der Lippe als Old Shatterhand und Herbert Knebel als Sam Hawkins. Schon nach den ersten einleitenden Sätzen von Old Shatterhand wusste ich, dass das eine witzige Sache wird.
Gottseidank passiert nämlich eins nicht: Das Ganze gleitet nicht in den Klamauk ab, sondern wird von den meisten sehr ernsthaft, aber eben auf die jeweilige manchmal unnachahmliche Art gesprochen. So finden wir eine große Vielzahl deutscher Dialekte und wunderbare Sätze wie „Die Beförderung des Erschossenen…“. Als nun endlich Winnetou (Rüdiger „Ja uff erstmal“ Hoffmann) das erste Mal auftaucht, versemmelt er als erstes seinen Auftritt. Aus „Wer hat den Bär mit dem Messer erlegt?“ wird „Wird der Bär mit dem Messer erlegt?“. Eine kleine Texthilfe und Gelächter bei ihm und den Kollegen.
Trotzdem …er wird nicht besser und ich würde ihn fast als Fehlbesetzung für Winnetou bezeichnen, obwohl ich ihn ab und zu ganz gern höre. Aber nur das wiederkehrende „Ja uff erstmal…“ reicht nicht für die Hauptrolle. Er spricht mit seiner unverkennbaren Stimme und eben genauso „laaaannngggsssaaammm“ wie bei seinen eigentlichen Comedyauftritten. Er verhaspelt sich mehrfach und man hat den Eindruck, dass er sich nicht wirklich Mühe gibt. Vielleicht hätte eine Nebenrolle seinem Humor mehr Rechnung getragen, zumal leider einige Comedians wie Dirk Bach, der stimmlich einiges draufhat als Hörbuchsprecher, und andere als Nebenrolle, auch wenn sie mehrere davon sprechen, viel zu kurz kommen. So gehen Pastewka, Zander und Krüger eigentlich ein bisschen unter. Auch Hella von Sinnen kommt leider viel zu kurz, was sie im Winnetou-Blues auch bedauert. Dass liegt daran, dass zu wenig weibliche Rollen vorkommen. Wunderbar ist sie aber als Nscho tschi, „was Schöner Tag in der Sprache des weißen Mannes bedeutet“. Sie säuselt unter Vogelgezwitscher Old Shatterhand an und ich glaube, dass sie eine gute Hörbuchsprecherin wäre (gibt es eigentlich etwas mit ihr?). Sie kann ja auch sehr ernsthaft sein, ist natürlich aber auf das „Laute“ festgelegt.
Apropos Vogelgezwitscher: Es gibt ein sehr gutes „Drumherum“. Die Soundeffekte wie Westernmusik, Gewehr- oder Pistolenschüsse, fliegende Messer und zirpende Grillen oder eben das Vogelgezwitscher ließ Mel Kutbay, lt. Verlag Deutschlands bekanntester Geräuschemacher, ertönen.
Und es fehlt auch nicht die uns allen bekannte Winnetou-Melodie von Martin Böttcher. Am Ende jeder CD gibt es den „Winnetou-Blues“ bei dem die Comedians auch gesanglich ihr Talent zeigen.
Was gibt es noch zu sagen? Meine CD–Box hatte kein Booklet, was sehr schade war, denn eine Besetzungsliste wäre schön gewesen. Es gibt aber wohl mehrere Versionen dieses Hörbuches, die 7-CD Box, die Box im Papp-Schuber und eine Sonderausgabe als 4-CD Box.
Dieses Hörbuch war eine super Idee und wurde toll umgesetzt. Ein Buch, das man sicher gern mal wieder hört.
(S.P.)
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