´71(Großbritannien 2014)Originaltitel: ´71 Alternativtitel: Regie: Yann Demange Darsteller/Sprecher: Jack O´Connell, Sean Harris, Paul Anderson, Sam Reid, Sam Hazeldine, Charlie Murphy, Richard Dormer, Denise Gough, David Wilmot, Genre: - Action/Abenteuer - Drama - Thriller
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Eigentlich stand „71“ in meiner Berlinale Wunsch Filmliste des diesjährigen Festivals nicht ganz oben, da ich fürchtete, ein bleischweres Kriegsdrama über Nordirland erwarte mich. Doch erfreulicherweise wurde ich aber mit einem Highlightfilm der 64. Berlinale beglückt. Regisseur Yann Demange setzte auf große und packende Bilder und hielt mich als seinen Zuschauer in den einhundert Minuten Filmlänge in seiner erzeugten Spannung gefangen. Der Nordirland Konflikt eskaliert im Jahre 1971 gerade zu einem blutigen Bürgerkrieg, in welchen der junge Rekrut Gary Hooks augenblicklich hineingezogen wird. Die jungen englischen Soldaten hoffen noch darauf, nach Deutschland entsendet zu werden, als sie zum Einsatz nach Belfast befohlen werden. Die Situation vor Ort gestaltet sich unübersichtlich und scheint auch die erfahrensten militärischen Befehlshaber zu überfordern. Den jungen Soldaten wird in aller Hektik erklärt, wie die Stadt aufgeteilt ist, wo es loyale protestantische Gebiete gibt und wo feindliche katholische. Beide Parteien verfügen über paramilitärische Einheiten, dazu noch versuchen Streetgangs und Undercoveragenten aller Seiten ihre eigenen Interessen durchzusetzen. Als die Soldaten bei einer Hausdurchsuchung zur Sicherheit der Polizei anwesend sind und die Menschen beruhigen sollen, gerät die aufgeheizte Stimmung außer Kontrolle. Brutal versuchen die Polizisten von den Hausbewohnern Informationen über Waffenbesitz zu erfragen und prügeln diese, in schonungslosen Bildern, vor den anwesenden Straßenbewohnern. Die Menge setzt sich zur Wehr und so entsteht ein Handgemenge, bei dem einer der Soldaten seine Waffe entwendet wird. Gary und einer seiner Kameraden folgen dem Dieb, welcher in der Menge schafft unterzutauchen. Während sein Kamerad zu Tode kommt, muss sich Gary mitten im Feindesland alleine behaupten. Umgeben von Straßenschluchten und verwinkelten Gassen fliegen Brandsätze und sind Autos zu brennenden Barrikaden geworden, schwer ist für den jungen Soldaten auszumachen, wo er sich genau befindet und wer ihm helfen könnte zurück zu seiner Einheit zu gelangen. Regisseur Yann Demange zwang uns Zuschauer durch Close-Ups sehr genau hinzusehen und blieb in der düsteren und beklemmenden Atmosphäre dicht an seinem jungen Protagonisten. Dieser fand unerwartet Hilfe in dem jungen Billy, der ihn zurück zu seiner Kaserne bringen wollte. Sein Onkel sei beim Militär gewesen, was Billy nicht weiß ist, dass dieser wiederum in paramilitärischen Gruppen verwickelt ist. Als im Pub seines Onkels eine selbstgebaute Bombe hochgeht stirbt Billy, was Yann Demange auch in wirklich heftigen Bildern festgehalten hat – der völlig verstümmelte Leichnam wird blutüberströmt von Gary rausgetragen aus dem Pub. Somit blieb die erhoffte Hilfe in dieser Nacht aus, und Ungewissheit, sowie Todesangst und Verzweiflung machen sich in Gary breit. In den gerade einmal hundert Minuten schaffte es Yann Demange geballte Bildkraft zu entwickeln und durch Story und überzeugende Charakterschauspieler zu überzeugen. Er entlarvte die ganze Sinnlosigkeit von Krieg und verurteilte die einhergehende Gewalt. Seine Protagonisten waren gefangen zwischen verdeckten Identitäten, schleichenden Paranoia und mussten Stellung beziehen in einem widerlichen Machtkampf in dem zumeist die Schwächsten der rivalisierenden Seiten verlieren. Der Schauplatz war austauschbar, denn ich zumindest habe Demanges Film als eine universale Antikriegs-Parabel verstanden. Das Publikum im Zoo Palast applaudierten im Anschluss auch ergriffen und begeistert! Für mich ein Film, der sich eine Chance auf den Bären ausrechnen darf! (max nitzschke)
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