Kritik 1:
Während einer Wirtschaftskrise kommt Nada auf der Suche nach Arbeit nach Los Angeles. Er findet zwar einen Job auf dem Bau, muss aber bis der erste Lohn kommt erstmal in einem slumartigen Hüttendorf unterkommen. Dort hört er erstmals Gerüchte, dass Politik und Wirtschaft unterwandert sind. Als er zufällig an eine besondere Sonnenbrille kommt, kann er durch sie plötzlich sehen, dass die scheinbar bunte Realität der Menschen von unterschwelligen Botschaften wie „Konsum“, „Unterwürfigkeit“ oder „Vermehrung“ bestimmt ist. Außerdem haben manche Menschen durch die Brille plötzlich schrecklichen Fratzen statt menschliche Gesichter. Nada stößt auf eine Widerstandsbewegung im Untergrund und erfährt, dass Außerirdische längst die Menschheit beherrschen und steuern, indem sie ihr mittels eines aus Los Angeles ausgestrahlten Signals eine normale Welt vorgaukeln. Nada schließt sich dem Widerstand an und beschließt die Sendeanlage zu zerstören, um den Menschen die Augen zu öffnen…
Als ich das erste mal was über „Sie Leben!“ las, war das Ende der 80er Jahre in einer Kritik eines Freundes, der den Film im Kino gesehen hatte und ziemlich ins Lächerliche zog. Tatsächlich lässt die oben stehende Inhaltsangabe den Filme größer Erscheinen, als er ist, allerdings hat er im Laufe der Zeit durchaus hinzu gewonnen, wenn man ihn heute mit anderer Herangehensweise als nur als Horror-/Science Fiction-Film ansieht.
Mitte der 80er Jahre hatte Regisseur John Carpenter sich dem Hollywood-Mainstream zugewandt und konnte sich seine Projekte weitgehend selbst aussuchen, ohne allzu viele Kompromisse machen zu müssen. Anders kann man kaum erklären, dass eine derartig subversive und kritische Story in der Zeit von Präsident Ronald Reagan auf die Kinoleinwände gelangen konnte.
Natürlich kann man den Film einfach als actionreichen 80er-Jahre Film konsumieren und schnell wieder vergessen. Zahlreiche Schießereien und Stereotypen sorgen dafür, dass Fans derartiger Filme zufriedengestellt werden. Darüber hinaus bietet der Film aber auch bissige Medienkritik und Kritik an der damaligen Politik, die ganz auf wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtet war und nicht nur die ärmste Unterschicht, sondern auch die Mittelschicht ausbluten ließ. Die schrecklich anzuschauenden Außerirdischen sind unschwer als „die Kapitalisten“ zu erkennen, während „die Arbeiterschaft“ ums Überleben kämpft und eine Revolution anzettelt. Im Grunde ist das alles ziemlich plump, durchaus aber satirisch überzeichnet. Bemerkenswert ist, dass beide Seiten, also Außerirdische und Widerstand, ziemlich radikal vorgehen und sich nicht besonders darum scheren, wenn es bei ihrem Kampf auch unschuldige Opfer gibt.
Neben den Science Fiction-Elementen bietet „Sie Leben!“ auch noch Motive des „Buddy“-Films, der 50er Jahre-Invasionsfilme und die völlig übertriebene “Rambo 2/Phantomkommando“-artige Action der 80er Jahre, in der die Helden bei Schießereien nie nachladen müssen, immer sofort treffen, selber aber nie getroffen werden. Das ist natürlich völlig albern und wirkt ein bisschen wie „Das A-Team“ oder „McGyver“, macht aber eine Menge Spaß. Wenn man möchte kann man aufgrund der Vortäuschung einer „perfekten“ Realität auch Bezüge zu der später entstandenen „Matrix“-Trilogie herstellen, vielleicht kann man „Sie Leben!“ sogar als Bindeglied zwischen „V – Die Außerirdischen Besucher Kommen“ und „Matrix“ beschreiben.
John Carpenter hat mit „Sie Leben!“ einen schönen 80er Jahre Film geschaffen, der heute natürlich ziemlich altmodisch und langsam erscheint – die Science Fiction-Handlung beginnt im Grunde erst nach einer guten halben Stunde, vorher ist es eher ein Sozial-Drama – aber gerade deswegen sehr unterhaltsam ist. Ein gradliniger Actionfilm mit subversiver Botschaft.
Die deutsche Blu Ray ist bei Studiocanal erschienen und liefert die für das Label übliche gute Qualität ab. Deutscher, englischer und französischer Ton und entsprechende Untertitelspuren sind Standard und absolut solide. Das Bonusmaterial ist erfreulich umfangreich und interessant. Im Mittelpunkt steht natürlich der Audiokommentar von John Carpenter und Hauptdarsteller Roddy Piper. Dazu gibt es mehrere Interviews, eine Featurette über den Style und die Musik des Films, ein Making Of und diverse Promoclips und TV-Spots. Sehr interessant ist auch die Mini-Sonderausgabe des „Zombie“-Magazins über den Film, die einen echten mehrwert gegenüber illegalen Downloads oder Bootlegs bietet. Eine rundum gelungene Veröffentlichung, wie man es von Studiocanal oft gewohnt ist. (A.P.)
Kritik 2:
John Nada ist arbeits- und obdachlos, verschafft sich aber in Los Angeles Aushilfsarbeit auf einer Baustelle. Abends nimmt ihn ein Arbeitskollege namens Frank mit in eine kleine Barracken-Obdachlosensiedlung mit, die Justiceville genannt wird. Als die Siedlung noch in dieser Nacht von der Polizei mit Bulldozern geräumt wird, flüchtet Nada in eine nahegelegene Kirche. Dort im Keller, der zu einer Art Labor umgebaut wurde, beobachtet er ein paar Menschen, die sehr heimlich tun und sich komisch benehmen. Als er wieder die Kirche verlassen will, entdeckt Nada diverse Kartons voller Sonnenbrillen. Er klaut sich eine und bekommt in der Stadt Riesenaugen: Die Werbeplakate zeigen keine Produkte mehr an, sondern Befehle wie „Gehorche" oder „Kaufe". Das Gleiche in der Zeitung und im Fernsehen. Einige Menschen sehen auch plötzlich anders aus, haben verfaulte, graue Gesichter. Nada erkennt, dass es sich um Ausserirdische handelt, doch diese entdecken Nada und machen Jagd auf ihn. Nada hinterläßt einige Tote Aliens und wendet sich zusammen mit John an die Rebellengruppe in der Kirche. Dort erfährt er, dass vom hiesigen TV-Sender Strahlen ausgesendet werden, die eine Art Hypnose bei den Menschen bewirken und es den Außerirdischen erlaubt unerkannt zu bleiben. Nada versucht nun in das Hauptquartier der Aliens einzudringen, um diesen Sender zu zerstören...
Ein einfacher Science Fiction-Film mit recht bescheidenen Trickeffekten, aber einer relativ sozialkritischen Handlung. Der Film zeigt uns die Ausbeutung durch Aliens, um auf die Ausbeutung durch Menschen hinzuweisen. Übrigens spielt hier Meg Foster zusammen mit ihren unheimlichen Augen mit.
Die deutsche DVD von Kinowelt präsentiert den Film in Deutsch, Englisch und Spanisch jeweils in Dolby Digital sowie im Bildformat 1:2.35 (16:9 anamorph). Untertitel sind in Deutsch, Englisch, Spanisch, Portugiesisch, Norwegisch, Finnisch, Dänisch und Schwedisch verfügbar. Als Extras gibt es einen eklusiven Audiokommentar von John Carpenter und Roddy Piper (mit deutschen Untertiteln) sowie ein Making of. (Haiko Herden)
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