(Rohwolt Verlag)
Geschäftsmann und Single Roth will eine mehrmonative Auszeit nehmen, unter anderem, um ein Buch zu schreiben über seine Familie. Dafür sucht er sich den kleinen Ort Niendorf an der Ostsee aus. Das Schreiben geht aber leider doch nicht so flüssig von der Hand wie erwartet, und das Geschriebene entspricht dann auch nicht den gehegten Erwartungen, sodass die Motivation bröckelt. Zudem macht er einige Bekanntschaften, die ihm im Verlauf der Monate immer wieder von der Arbeit abhalten. Zum einen ein Strandkorbverleiher, der auch gleichzeitig sein bester Kunde in seinem ansonsten schlechtgehenden Spirituosengeschäft ist. Und dann noch seine Freundin. Und ein altes Ehepaar. Bis sich das Lebens Roths immer mehr zu wandeln beginnt...
Das Buch beschreibt, wie aus dem gewandten Unternehmer Roth irgendwann ein Niendorfer wird, sprich: ein kleinbürgerlicher Niemand. Das klingt vielleicht nicht erstrebenswert, aber man könnte es positiverweise als "mit wenig glücklich sein" umschreiben, oder aber eher negativ mit "in die Bedeutungslosigkeit fallen und sich aufgeben". Bei jedem Buch von Heinz Strunk muss ich es wiederholen, es gibt kaum einen Menschen, der mich mehr inspiriert als er, und jede Buchveröffentlichung seit "FLEISCH IST MEIN GEMÜSE" habe ich verschlungen. Wie gewohnt ist es wieder die Sprache, die begeistert, besonders die Beschreibungen von Menschen, die sich stets darum rankt, sie so eklig und unästhetisch wie möglich wirken zu lassen. Und der Protagonist selbst ist wie immer eher ein armes Würstchen, auch an ihm lässt der Autor kaum ein sympathisches Blättchen kleben, sodass man sich herrlich mit ihm identifizieren kann. Wie ebenfalls gewohnt, geht es erneut um Menschen, die irgendwie gescheitert sind, und die Hauptfigur scheitert ebenfalls, doch während andere Autoren ihre Figuren "an sich glauben" und "an sich wachsen lassen", lassen sich die Menschen in Strunks Bücher stets fallen und stehen einfach nicht wieder auf, sondern finden sich ganz kafkaesk mit ihrem Schicksal ab. Dabei schaut Strunk nicht von oben auf sie herab, sondern lässt uns auf der gleichen Ebene mitleiden. Überhaupt, auch wenn es schmunzelige Momente gibt, ist auch bei "EIN SOMMER IN NIENDORF" das allerwichtigste die Melancholie, die das Buch verströmt und die sich durch alle Werke Strunks zieht, und die mich so anzieht. Schön, dass Heinz Strunk so einen hohen Output hat und jährlich was Neues auf den Markt bringt. (Haiko Herden)
|